Die Story (++) |
Eine typische Krimihandlung mit vielen Verdächtigen, Motiven und falschen Spuren. So muss das sein. Die Lösung ist nicht ganz einfach, aber durch und durch logisch und anhand der Indizien nachvollziehbar. Ein Indiz ist allerdings falsch. Die Lösung ergibt, dass der Doppelgänger von Herrington sich ein Stück von seinem Handschuh am Stuhl abreißt. Der wirft sein Kostüm weg. Später findet Holmes Handschuhe im Rauchersalon, die von Herrington selbst als vorgeschobener Grund für wiederholtes Erscheinen im Haus zurückgelassen wurden. Die Untersuchung ergibt, dass von diesen Handschuhen das Stück ausgerissen ist. Das könnte nur stimmen, wenn Herrington Jeffries seine Handschuhe geliehen hätte. Das ist aber unsinnig und wird auch nicht erwähnt. Ein Detail, naja. Aber Holmes ist ein Detail - Fan. |
Grafik: (-) |
Ich stehe der 3D Graphik in Adventures wie so viele eher reserviert gegenüber. Ich sehe aber durchaus ein, das nur das tatsächliche Produzieren von 3D Adventures trotz aller bekannter Unzulänglichkeiten die Technik voranbringt. Hoffentlich komme ich noch mal in den Genuss des Ergebnisses. Vorerst sind die üblichen 3D Grafikprobleme nicht zu übersehen. Eckige Kreise, verzerrte Texturen, hölzern wirkende Bewegungen, Verwerfungen an Texturgrenzen, usw.. Das Übliche eben. |
Steuerung: (--) |
Es gibt nur ein Aktionssymbol (Hand) und keine Anzeige, die sagt, über was man da gerade den Cursor bewegt. So kann man nahe aneinander liegende Gegenstände nur schwer auseinander halten. Mir zum Beispiel bei den Pulverspuren an der Tür passiert, die ich deshalb zunächst übersehen habe. Es kommt vor, das man wichtige Gegenstände sieht, sie aber noch keine Hotspots sind. Um sie zu aktivieren muss man erst in die Richtung gehen, um die Kamerastellung zu verändern. Zum Beispiel die Jokermaschine bei Fowlett. Die habe ich dadurch erst nicht für voll genommen. So was geht einfach nicht. Entweder ein Gegenstand ist aktiv oder nicht. Der Charakter kann ja nach dem Anklicken auf den Gegenstand zugehen, um die Kamerastellung zu ändern. So geht es jedenfalls nicht. |
Sound: (++) |
Die Stimmen sind professionell, lediglich Watson wirkt etwas flach. Die Musik ist zeitgenössische klassische Musik von z.B. Grieg. Das passt gut. |
Spieltiefe (--) |
Welche Tiefe? Im ganzen Spiel kann ich mich kaum an 5 aktive Gegenstände erinnern, die nur zum Füllen platziert wurden. Es muss aber doch auch mal etwas geben, das man untersucht und dann erst als nutzlos einstuft. Viele Gegenstände, die interessant aussehen sind leider einfach inaktiv. Und für die aktiven steht immer nur eine Aktion zur Verfügung. So verkommt das Spiel zu einem reinen Suchen und Klicken. Adventure Rätsel (Gegenstände kombinieren und benutzen) , gibt es nur wenige. Müsste man nicht manchmal eine Tür aufschließen oder eine Lampe anzünden sähe es noch schlimmer aus. Auch hat man nie Mühe an Informationen zu gelangen. Fast jeder Zeuge gibt einfach bereitwillig Auskunft und sagt alles. Einzige Ausnahmen sind der alte Colonel, der aber sobald Herrington auftaucht - also ohne extra Zutun - dann auch gesprächig wird und die zwei oder drei Situationen in denen man erst ein Indiz vorzeigen muss. Dazu wird man aber immer extra aufgefordert. Einziger Lichtblick sind die Quizfragen nach jedem Tag. Wirklich eine gute Idee, um sicherzustellen, dass die Spieler auch die entscheidenden Hinweise verstehen. Leider bekommt man bei Fehlern keine Rückmeldung welche Frage falsch ist. So sucht man sich in allen Fragen tot. Ich habe es nur einmal geschafft, auf Anhieb alles richtig zu machen. Die anderen Male war zwar jeweils nur ein Fehler dabei, aber es hat gedauert den zu finden. Besser wäre es da, das Quiz als Watson zu spielen, der in seiner Rolle als Chronist der Handlung folgen möchte und deshalb die Details mit Holmes klärt. Er könnte sich in jeder Antwort einzeln korrigieren oder aber, wenn er (also dann der Spieler) aufgibt, löst Holmes auf. Beim Quiz vor dem Endfilm haben die Entwickler endgültig eine große Chance liegengelassen. Während man die Fragen nach den Tätern in den verschiedenen Mordfällen beantwortet, hat man keinen Zugriff mehr auf die mühsam gesammelten Beweise. Dabei wäre das doch der optimale Zeitpunkt, um die nun vollständigen Beweise in Ruhe noch mal durchzugehen und daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Nach dem Endfilm gibt es leider auch keine Auflösung inwieweit man denn richtig getippt hätte. |
Realismus der Ermittlungen (--) |
Grundsätzlich erscheinen alle Ermittlungen zwar logisch, aber sie enthalten grobe Lücken. Man muss nur ein bisschen drüber nachdenken, und he - das ist genau was man in einem Detektivspiel tut. Gleich nach dem Mord an Bromsby fangen die Fehler an. Es ist ganz gut gelungen, alle Gäste beisammen zu halten. Warum werden sie dann nicht gründlich untersucht? Wo ist die Tatwaffe? Wer hat Schmauchspuren an den Händen? Holmes selbst stellt per Geruchstest fest, dass Lavinia keine Schmauchspuren an den Händen hat. Warum nicht der gleiche Test bei allen Gästen? Alle sind schließlich verdächtig. Da stellt sich auch wieder die Frage nach den Handschuhen. Schoss Harrington etwa mit Handschuhen, ließ sie dann von Jeffries wegwerfen und übernahm dessen saubere Handschuhe? Das würde den Riss in Harringtons Handschuhen erklären und wäre eine gute Methode um Schmauchspuren an den Händen zu vermeiden. Vielleicht war das sogar so geplant und wurde vergessen in das Spiel einzuarbeiten? Ich weiß es nicht. Dann stellt Holmes fest, dass etwas in den Müllschacht geworfen wurde - sehr wahrscheinlich vom Täter. Warum wird dann der Müll nicht untersucht? Und die Krönung des Ganzen: Holmes findet die Handtasche von Lavinia. Darin ist die mutmaßliche Tatwaffe. Warum wird dann nicht überprüft, ob die Waffe kürzlich abgefeuert wurde? Also nein. Hätte Holmes wirklich gelebt, er würde sich ob solcher Versäumnisse im Grab umdrehen. |
Das Feuer löschen (---) |
Das ist eine aufgesetzte und unnötige Aufgabe. Furchtbar. Zunächst mal ist es völlig unrealistisch, ein Papierfeuer dieser Intensität (und da es sich um Beweise wie Fotos und Briefe gehandelt hat war es vor allem Papier) löschen zu können. Dafür brennt es einfach zu schnell. Wenn schon, dann würde man nie erst losrennen und einen Eimer und Wasser suchen - und das in unbekanntem Terrain. Das dauert zu lange. Warum löscht Holmes das Feuer nicht durch Austreten oder Ausschlagen mit seiner (ohnehin durch die Verkleidung schäbigen) Jacke? Aber gut. Man schluckt die Kröte, rennt los und besorgt das Wasser. Ist auch nicht so schwierig. Habe nur 3 Mal laden müssen. Ist man aber mit dem Löschen fertig, ist doch nichts von den Beweisen geblieben. Bitte!? Es bleibt also eh nichts verwertbares übrig. Das schlägt dem Fass ja den Boden aus! Wieso bitte verliert man dann, wenn man es nicht schafft - ausdrücklich wegen Beweismangel - das Spiel? Diese Situation ist unerträglich, eine Verhöhnung des Spielers und hat nichts in einem Adventure zu suchen. Allein schon diese Situation zerstört einen Großteil der Spielfreude. |
Nachts in Zementfabrik / Theater einbrechen (++) |
Eine sehr authentische Sherlock Holmes Situation, wie sie auch in den Geschichten öfters mal vorkommt. Es ist realistisch, sich auch mal am Gesetz vorbei Beweise zu beschaffen, da man dem sonst gewarnten Hauptverdächtigen (hier Grimble) nur die Möglichkeit zur Beweisvernichtung bieten würde. Aber auch der reine Wissensvorsprung durch Erlangen von Informationen ohne Kenntnis des Betreffenden ist für jeden Detektiv Gold wert. Eine Sache stört aber doch: Man weiß nicht wann der Wächter und der Hund Holmes sehen. Man sollte sie vielleicht mit Sichtkegeln, wie sie in Echtzeit-Taktik Spielen üblich sind, ausstatten. |
Der Abspann (++) |
Lang, ausführlich, klärt alles auf. Wie im klassischen Krimi. Sehr schön. |
Sorgfalt (-) |
Vor dem Fazit noch etwas das mir generell aufgefallen ist. Ich hatte den Eindruck, dass die Produktion unter enormem finanziellen Druck stand. Gut so was kennt man ja und die Produktion fand sicher nicht umsonst in der Ukraine statt. Problematisch ist, das es sich im Spiel bemerkbar macht: Das technische Zeichenbrett bei Fowlett und bei Grimble ist z.B. genau das gleiche - Sparmaßnahmen? Ebenso fehlen die meisten Stammfiguren. Neben Watson treten nur Lestrade und Wiggins auf. Mrs Hudson, Inspector Gregson und Mycroft Holmes werden zwar erwähnt, sie haben aber keinen Auftritt.Viele kleine Fehler deuten auf mangelnde Qualitätskontrolle hin: Beim zweiten Durchlauf an der Joker Maschine soll die mittlere Karte ein Pik Bube sein. Es ist aber kein J in der Ecke, sondern ein umgedrehtes A. Ein kleiner Fehler genau wie bei der Rekonstruktion im Abspann. Als Jeffries gezeigt wird wie er sich *vor* dem Mord hinter der Rüstung versteckt sind die Pulverspuren bereits an der Tür. Peinlich wird es dann aber im Abspann. Da wird doch tatsächlich Robert Schumann falsch geschrieben (Schumman). |
Fazit: |
Das Spiel beinhaltet viele gute Ideen und bemüht sich um echte Sherlock Holmes Atmosphäre. Dennoch gibt es viele Kritikpunkte, die den Spielspaß ziemlich vermiesen. Der Spieler wird zu wenig gefordert. Man hat oft den Eindruck nur Knöpfe zu drücken, damit der Film weiterläuft. Die Idee mit dem Quiz hätte die große Stärke sein können, ist aber zu unausgegoren. Die Chance ein Top Adventure zu erschaffen wurde leider vertan. Ich hoffe auf das Nachfolgespiel. |
Bewertung: |
Negative Aspekte: Feuer löschen, viele Fehler Positive Aspekte: gute Vertonung, gute Story |
| Homepage: | www.sherlockholmes-game.de |
| Entwickler: | www.frogwares.com |
| Publisher: | www.dtp-ag.com |
Dank an und geschrieben von Ronny O. (Gast) |